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Mut & Disziplin: Ein Interview mit Christina Gindl.

Wie diese beiden Eigenschaften mit dem Surfen großer Wellen und einem selbstbestimmten Leben zusammenhängen.

Christina Gindl Surfing in Portugal
Christina in Portugal. Picture by @olivecmnd

Christina Gindl lebt in Portugal und ist die meiste Zeit wohl am, um oder im Meer anzutreffen. Die gebürtige Österreicherin war viele Jahre in Indonesien und auf der Welt unterwegs, bevor sie sich mit den kalten Wellen des Atlantiks angefreundet und ihr Zuhause in Portugal gefunden hat. Christina hat Advertising & Branding studiert und arbeitet im Bereich Branding und Social Media für mehrere Brands fest, wie auch freiberuflich. Im Interview habe ich mit Christina über ihre Einstellung zum Surfen und Meer, ihre Vorbereitung, ihr Training, und die Bedeutung richtiger Atmung gesprochen. Und auch darüber, wie Mut und Disziplin ihr ermöglichen ihre Ziele zu erreichen.


Liebe Christina, eine Frage, die du sicherlich schon häufig beantwortet hast, aber: Wie bist du zum Surfen gekommen?

Ich war schon immer ein Wassersportler. Als ich jung war, habe ich mit meinem Papa alles gemacht: Wasserski, Stand-Up Paddle, ganz viel Schwimmen, Wakeboarden, alles was es an Wassersport gab. Mit Abschluss meines Studiums bin ich für 2 Jahre nach Mauritius gezogen. Dort habe ich Kitesurfen gelernt. Nach einer Weile habe ich begonnen in Wellen zu kitesurfen, da mich das Springen nicht so sehr interessiert hat. Ich habe schnell gemerkt, dass ich von Wellen eigentlich wenig weiß. Mein damaliger Freund hat mir dann geraten, Surfen zu gehen, um Wellen und die Spots besser zu verstehen. Das hab ich dann gemacht.

Seitdem war ich hooked. Kitesurf-Equipment verkauft, Surfboard gekauft und nach Indonesien gezogen.

Ich war dann zuerst auf Bali und bin dann ziemlich schnell nach West Sumbawa gezogen. Viel weniger Surfer, local culture, wahnsinnig schöne community und suuuuuuper viele Wellen. Ich habe jeden Tag 8 Stunden im Wasser verbracht. Was natürlich mega gut ist, als absoluter Ober-Kook am lernen.


Was reizt dich am Surfen?/ Welche Boards / Stil?

Ich denke, ich bin gerade in einer Wendephase, wo ich alles ausprobiere. Ich mag gerne Shortboards, und mein Step-Up. Vor kurzem habe ich mir ein Twinnie gekauft. Ich teste auch gerade ein Single Fin von Aimara Surfboards, macht mir super viel Spaß. Ich bin da echt komplett am Ausprobieren gerade. Mein absolutes Magic Board ist definitiv das 6’6 von Luke Budd. Ich surfe gerne größere Wellen mit mehr Power, dafür passt das Board natürlich top.


Wie hat sich deine Einstellung zum Surf über die Jahre vielleicht auch geändert?

Spaß ist das A und O. Ich habe wirklich gemerkt, solange ich mega Spaß habe, surfe ich einfach am besten/ total connected zum Ozean.

Was sich auch geändert hat ist, dass ich persönlich zu lange auf denselben Boards war- Shortboards. Rückblickend würde ich sagen: Probiere so viele verschiedene Boards, Sizes, Shapes, Finnen aus, wie möglich.


Ein weiterer Punkt: Ich finde es wichtig, die Welle zu fühlen, die Verbindung zur Natur, den Respekt vor dem Ozean und die Wellen zu nehmen, wie sie kommen. ‘Zerfetz die Welle, hol alles raus ..’ Da bin ich kein Fan von. Fühl die Welle, schau was die Welle dir gibt und nutze das. Natürlich ist das Geschmackssache, aber ich finde diesen Flow wunderschön und auch nicht nur mit Twin oder Single Fins sondern auch mit Performance Thruster.


Surfer Christina Gindl
Christina Gindl. Picture by @henriquepisidoro

"Ich finde es wichtig, die Welle zu fühlen, die Verbindung zur Natur, den Respekt vor dem Ozean"









Setzt du dir konkrete Ziele für deinen Surf, die du verfolgst?

Ich würde sagen: Jein. Ich bin sowieso schon eine sehr competitive Person, ständig dabei, mich zu verändern und weiterzuentwickeln. Im Surfen bin ich gerade dabei, meine ersten Schritte zu größeren Wellen geplanter anzugehen. Es ist das allerbeste Gefühl in diesen wilden Konditionen zu surfen. Diesen Winter schaue ich mal, wo mich das hinführt, ob es mir gefällt und ob das mein weiterer Weg wird.. Also einfach mal ausprobieren :)


Dazu gehört für mich auch die richtige Vorbereitung: Boards, Leash, Impact Vest, sich fit und gesund fühlen, Apnoe-Training regelmäßig gemacht… Mein Kumpel Luke Budd shaped mir auch gerade eine 9’ Gun. Ich finde, es macht einen großen Unterschied, wenn du alles parat hast.


Das klingt alles so easy. Aber gerade größere Wellen benötigen eine gezielte Vorbereitung: Wie genau bereitest du dich vor? Wie fängt man an, wenn man selbst größere Wellen surfen will?

Puh, es ist super schwierig jemand anderem da etwas zu raten, denn natürlich ist es nicht ungefährlich. Ich denke, dass es eine Reise ist, dass man anfängt nach und nach größere Wellen zu surfen und langsam die Grenzen austesten.


Vorbereitung ist essentiell, um auch Verletzungen vorzubeugen. Ich bin der Meinung, ein fitter, gesunder Körper ist wichtig. Sich stark, kräftig und gut zu fühlen und auch konsistent zu trainieren ebenfalls. Ich gehe zum Beispiel ins Fitnesscenter, trainiere im Meer, ich freedive, mache Pool-Training mit Gewichten für mein Apnoe-Training. Das nächste Mal, wenn du dann von einer Welle gewaschen wirst, bist du einfach nicht nervös, weil du auf deinen Körper vertraust und weißt ‘I got this’. Natürlich ist immer ein bisschen Nervosität dabei, aber grundsätzlich weiß ich ‘It’s gonna be fine, das Set hört auch irgendwann mal auf und dann nehme ich mein Board und dann paddel ich wieder raus.’


Und das Wichtigste, so viel wie möglich zu surfen und Zeit im Wasser zu verbringen und Spaß zu haben.

Christina Gindl Apnoe Diving
Christina Gindl. Picture by @antoniosaraiva1


"Ich gehe zum Beispiel ins Fitnesscenter, trainiere im Meer, ich freedive, mache Pool-Training mit Gewichten für mein Apnoe-Training."










Wie oft trainierst du in der Woche?

Meine Priorität ist immer Surfen, so oft wie möglich ins Wasser. Zusätzlich gehe ich 1-2 mal die Woche ins Fitness Center, und Apnoe-Training jeden zweiten bis dritten Tag. Manchmal im Pool mit Gewichten, und manchmal zuhause mit der STAmina Apnea App.


Das erfordert ja auch alles ganz schön viel Disziplin und auch Durchhaltevermögen. Ich kenne z.B. auch Phasen, wo ich denke ‘Wofür mache ich das eigentlich?’. Kennst du das und wenn ja, wie motivierst du dich immer wieder dran zu bleiben?

Disziplin und Motivation kommen relativ natürlich, weil es mir einfach unglaublich Spaß macht, mich zu pushen und diese Art von Wellen zu surfen.

Wenn ich mal einen schlechten Surf habe, hilft mir eigentlich nur, noch mehr zu surfen, bis ich einen guten Surf habe.


Wenn ich mit allem gestresst oder überfordert bin, mit Arbeiten, Trainieren, Surfen, Haus putzen, Wäsche waschen, alles zusammen, mache ich seit kurzem gezielt Breathwork. Bestimmte Atemübungen, die unglaublich stark auf Körper und Geist wirken. Unser Atem ist unsere Lebensenergie und enthält so viel Gesundheit und Hilfe für uns parat. Das ist wirklich toll.

Ich bin dankbar für die größeren Wellen und mein Apnoe-Training, weil ich darüber zu Breathwork gekommen bin.


Das stimmt. Atmung ist so ein spannendes Tool, um unseren Körper auch physisch beeinflussen zu können und dabei wissen wir häufig so wenig darüber. Ich weiß zum Beispiel recht wenig über Atmung und finde es aber sehr spannend, was du erzählst. Wie lange beschäftigst du dich schon mit dem Thema?

Das ist ziemlich neu bei mir. Ich habe begonnen viel im kalten portugiesischen Wasser zu schwimmen, z.B. als Pause von der Computerarbeit schnell ans Meer und kurz ins kalte Wasser springen. Wenn man in kaltem Wasser schwimmen geht, wird ja meistens der Atem schnell, genau das sollte man vermeiden. Habe ich auch bei einer Ice Bath & Breathwork Session gelernt. Hat mich total fasziniert. Es hilft mir sehr mit Stressabbau und Erholung nach intensiven Surfs oder Trainings.


Und nutzt du diese Techniken dann auch im Wasser? Wenn es zum Beispiel mal Situationen gibt, die beängstigend sind?

Die Übungen, die ich aktuell jetzt zuhause mache, nutze ich nicht im Wasser. Manchmal, wenn man mit vielen anderen Leuten surft und jeder will natürlich die richtig guten Set-Wellen, wird die Mood im Lineup schon sehr intense. Da hilft es mir total, ein paar mal tief Luft zu holen und entspannter zu werden. Das ist im Prinzip auch schon Breathwork.


Bezüglich beängstigende Situationen: Ich vermeide das Wort Angst zu verwenden. Ich würde auch nicht sagen, dass ich Angst im Wasser habe. Ich habe viel Respekt vor größeren Wellen, ja absolut. Und natürlich bin ich manchmal super nervös, Adrenalin schießt in den Körper, man ist ein bisschen unsicher. Ist ja auch ganz natürlich, man pusht ja auch stark die Komfortzone.


Aber Angst ist fehl am Platz meiner Meinung nach. Wenn man richtig, richtig Angst hat, dann bitte NICHT rauspaddeln, oder direkt wieder umdrehen und zurück an den Strand.

Christina Gindl, Freediving
Christina Gindl Freediving. Picture by @heddasphotography

Du warst ja schon viel unterwegs. Welche Länder stehen bei dir noch auf der Liste? Wohin soll der nächste Surf-Trip gehen?

Ganz oben auf der Liste für den nächsten Surf-Trip steht bei mir Irland. Letztes Jahr bin ich ein richtiger Fan von Cold Water Surfing geworden. Ich habe mich auch in Peru und Chile ein bisschen eingelesen. Tropical Destination Nummer 1 ist auf jeden Fall Tahiti.

Eventuell reise ich nächstes Jahr nach Indonesien, zurück in die alte Heimat. Diesmal komplett andere Inseln, mehr raw Jungle Life und exploring.

Sind bis jetzt nur Ideen. Wir suchen gerade die besten Spots für Bodyboarden und Surfen. Mein Freund ist Bodyboarder. Daher brauchen wir eine Destination mit einem guten Mix von Wellen für uns beide.


Und ist Portugal jetzt erstmal deine Base, oder steht da auch zur Diskussion nochmal woanders hinzugehen?

Portugal ist definitiv meine Base.

Ich war so viel unterwegs, habe in so vielen unterschiedlichen Ländern und Kulturen gelebt, und es war wunderschön. Aber genau weil ich so viel gereist bin, kann ich jetzt von Herzen sagen: Portugal ist der Ort, an dem ich alt werden will.


Gibt es besondere Ziele, die du dir für die nächste Zeit gesetzt hast? Sowohl im Surf wie auch in der Verbindung von Surf und Alltag?

Ich hatte mir zu Jahresbeginn 2022 vorgenommen, dieses Jahr wenig zu reisen und die Zeit zu nutzen, um mich zu Hause (Portugal) zu festigen. Das bedeutet viele ruhige Monate, arbeiten, surfen, trainieren, Zeit in der Natur verbringen - calm life.


Das war absolut die richtige Entscheidung. Also eigentlich möchte ich, dass alles so weiterläuft wie es jetzt gerade ist.

Mit einer Ausnahme: Nach dem Winter in Portugal werde ich auf jeden Fall wieder ein bisschen Reisen gehen. Das ist das einzige, das mir dieses Jahr ein bisschen gefehlt hat. Aber man kann auch nicht alles gleichzeitig haben :)


Das klingt, als hättest du dir ein ziemlich optimales Leben für dich aufgebaut. Welchen Tipp würdest du anderen geben, die sich wünschen, sich ein Leben am Meer aufzubauen?

Tatsächlich bekomme ich diese Frage auf meinen Instagram ziemlich häufig gestellt. Ich persönlich finde ‘Just go and try. Spar ein bisschen Geld zusammen als safety, mach dir einen Plan A, B & C (just in case), buch ein Flugticket, nicht zu lange nachdenken, mutig sein, und los gehts.


Sobald man angekommen ist, lernt man meistens so viele tolle Menschen kennen, die einem super gerne weiterhelfen. Es ergeben sich dann meistens auch so viele neue Möglichkeiten. Es ist einfach super wichtig, einfach ein bisschen Zeit an dem Ort zu verbringen, auch wenn es ein bisschen holprig zu Beginn ist.

Christina Surfing in Portugal.
Christina Surfing in Portugal. Picture by @antoniosaraiva1


"Just go and try. Spar ein bisschen Geld zusammen als safety, mach dir einen Plan A, B & C (just in case)"











Man sieht dieses sonnige happy life und denkt sich: “Das ist ungerecht der Person fliegt alles zu”. Ich bin mir sicher, nicht jeder Moment ist Sonne, Wellen und Spaß, oder? Mit so einem selbständigen Lebensstil muss man schon on-point sein und oft ein bisschen die Zähne zusammenbeißen. Ich denke oft, dass viele Surfer auch gute Selbstständige sind, weil beide Disziplinen sehr viel Durchhaltevermögen erfordern.

Absolut. Es ist immer ein Risiko, seine gewohnte Umgebung zu verlassen und etwas Neues zu starten. Aber für mich persönlich ist jede Erfahrung eine gute Erfahrung, auch wenn es schwierig oder schlecht war. Selbst wenn ich in dem Moment bin und es aktuell nicht gut läuft, dann denke ich mir: Okay, das ist jetzt auch ein Teil davon und da muss ich jetzt durch. Ich hab mir das selbst ausgesucht. Und am Ende habe ich wieder so viel dazugelernt. Vielleicht ist das ähnlich wie beim Surfen.


Christina, das war ein total spannendes Interview. Und ich habe auch eigentlich nur eine letzte Frage: Wenn du eine Sache mit ins Line-up nehmen könntest, ganz egal, ob wassertauglich oder nicht, was wäre das?

Das ist einfach: Einen gesunden Powerriegel zum Snacken.

Irgendwo in den Neo reingesteckt, das ich nach zwei Stunden surfen wieder einen kleinen Energieschub bekomme und das Wasser nicht verlassen muss. Das wäre toll.


Danke, liebe Christina, für das inspirierende Interview. Wer Lust hat Christina diesen Winter durch die Saison in Portugal zu begleiten, der sollte unbedingt auf ihrem Instagram Account vorbeischauen.

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